Samstag, 24. Januar 2009
 
Pakistan vor dem Machtwechsel PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Evangelischer Entwicklungsdienst   
Dienstag, 26. Februar 2008

Die Wahlen in Pakistan haben der bisherigen Opposition eine Mehrheit verschafft, mit der sie Präsident Musharraf absetzen kann. Nur die USA halten noch zu ihrem Schützling.

(Bonn, 26.2.2008) Bei den Wahlen zum pakistanischen Parlament hat die PML-Q von Präsident Pervez Musharaf eine deutliche Niederlage hinnehmen müssen. Sie erhielt nur etwa 12 Prozent der Stimmen, 23 Minister aus dem Kabinett Musharrafs verloren ihren Parlamentssitz. Die pakistanische Volkspartei (PPP) von Benazir Bhuttos Witwer Asif Ali Zardari und die Pakistanische Muslimliga (PML-N) von Ex-Premier Nawaz Scharif errangen trotz Wahlmanipulationen mehr als 60 Prozent der Stimmen. Sie werden voraussichtlich mit der Awami Nationalpartei (ANP) eine Regierungskoalition bilden.

Musharraf hat dem Volk zugesagt, dass er geht, wenn das Volk das so will, sagt Wajahat Latif vom NGO-Bündnis Koalition für faire, freie und demokratische Wahlen (PACFREL), einem Projektpartner von EED und MISEREOR. Verzweifelt, eingeklemmt zwischen galoppierender Inflation und fehlender öffentlicher Ordnung, hat die Bevölkerung die Musharraf-Regierung bei erster Gelegenheit nach Hause geschickt. Das war wie ein Referendum für oder gegen Musharraf. Jetzt sollte er sein Versprechen einlösen.

Die pakistanische Zivilgesellschaft ist zufrieden mit dem Ergebnis der Parlamentswahl: Die Oppositionsparteien, die Musharraf über Jahre marginalisiert hat, haben die Mehrheit im Parlament erzielt und die radikal muslimischen Parteien sind in ihre Schranken verwiesen worden. Die Vereinigte Aktionsfront (MMA), die in den nordwestlichen Landesteilen das Sharia-Recht eingeführt hat, hat nur fünf Sitze im Parlament errungen. Auch in der Nordwestgrenzprovinz, wo sie bisher die Regierung gestellt hat, hat sie nur neun der 96 Sitze erzielt. Dort gewann die ANP, eine gemäßigte säkulare Partei, die Mehrheit im Provinzparlament.

Das internationale Interesse an der Wahl hat eine flächendeckende Wahlmanipulation verhindert. Die Beobachtermission der EU bewertete auf einer Pressekonferenz die Durchführung der Wahlen generell positiv. Die Mission kritisierte jedoch Unregelmäßigkeiten und das generelle Chaos im Wahlprozess. Die Koalition PACFREL, die 2200 lokale Wahlbeobachterinnen und beobachter in 110 Distrikten postiert hatte, bestätigt dieses Bild. Wahlmanipulationen seien vorwiegend vor den Wahlen geschehen. So wurde die ehemalige Regierungspartei in den Medien bevorzugt, die Pressefreiheit eingeschränkt und Regierungsleute und Dorfvorsteher im Wahlkampf für die PML-Q eingesetzt. Auch die Aufstellung von Kandidaten war beeinträchtigt, und Wählerlisten wurden fehlerhaft zusammengestellt. Während der Wahl herrschte mancherorts Chaos, Wahlhelfer waren abwesend und Stimmzettel fehlerhaft. Insbesondere Frauen wurde die Stimmabgabe erschwert, wenn nicht sogar verwehrt. An manchen Orten im Nordwesten wurde Frauen eine Strafe von umgerechnet 2000 Euro angedroht, wenn sie ihre Stimmen abgeben würden.

Eine Meinungskorrektur gegenüber Pakistan ist international notwendig, denn die Wahlen haben gezeigt, dass in unserem Land liberales Denken vorherrscht und radikal islamische Parteien keine Chance haben, die Macht zu übernehmen, sagt Wajahat Latif. Das Schreckgespenst der Nuklearsprengköpfe in der Hand von radikalen Islamisten ist uns vom Westen zu lange vorgehalten worden. Latif ist überzeugt, dass die ANP eine vernünftige Politik in den Stammesgebieten entlang der Grenze zu Afghanistan einschlagen wird und hofft, dass dies zur Deeskalation der Gewalt und des Krieges gegen den Terrorismus beitragen wird.

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